Ich streunerte durch die Landschaft.
Nun war ich zwei Sonnenaufgänge ohne Pausen gelaufen.
Der Mond glänzte und leuchtete diese Nacht so hell und schien in meinen Augen so mächtig.
Müde und ausgelaugt legte ich mich in ein Wurzelgeflecht.
Ich hatte keine Ahnung wo ich war, machte mir aber vorerst keine Gedanken darüber.
Ich war einfach nur müde...
Langsam schloss ich meine Augen, immer auf der Hut vor Gefahr, aber döste trotzdem ein.

Als ich meine Augen wieder öffnete, nahm ich nicht war, dass ich träumte.
Ich wachte dort auf, wo ich eingeschlafen war.
Eigentlich lag ich immer noch unter den Wurzeln, aber in meinem Traum stand ich auf und verließ meinen Schlafplatz.
Die Sonne schien und wärmte meinen Pelz.
Ich streckte mich und nahm den Geruch fremder Katzen wahr.
Plötzlich tauchte eine von ihnen vor mir auf.
"Hallo, Tiger.", begrüßte mich ein Kater freundlich und ohne Feindseligkeit.
Auch ich hatte nicht das Gefühl, mich vor dieser Katze verteidigen zu müssen.
"Wer bist du?", fragte ich neugierig und ebenfalls freundlich.
"Mein Name ist Rieselherz. Ich war einst der Heiler in einem Clan, bis ich von Hunden getötet wurde."
Sofort merkte ich, dass diese Katze eine Ehrliche war.
"Hör mir zu:
Der orangene Tiger folgt nicht den Sternen, aber dem Eis, der schnell zu einem Bach wird.
Der Mond und seine Kinder stehen hinter ihm, so auch die Flammen, die ihn stetig wärmen.
So sollst auch du folgen. Zu den Sternen."
Der andere Kater sprach diese Worte nicht alleine, dass merkte ich.
Verwirrt sah ich den glitzernden, braungesprenkelten Pelz an.
"Was soll das bedeuten?", fragte ich, doch die Katze war schon verschwunden.
Ohne den wirklichen Grund zu kennen, wurde es schwarz und ich hatte dabei das Gefühl zu fallen.
Als mir ein großer Tropfen auf den Kopf fiel, schreckte ich aus dem Schlaf und riss meine Augen auf.

Ich atmete schnell und unregelmäßig kurz nachdem ich aufgewacht war.
Wer war dieser Kater gewesen? Rieselherz?
Ich kannte keine Katze namens Rieselherz...
Und warum hatte er einen glitzernden Pelz gehabt?
In meinem Traum hatte ich das nicht hinterfragt...
Um mich wieder zu entspannen, atmente ich mehrere Male tief ein und wieder aus.
"Bei Osis... Was war das nur für ein seltsamer Traum gewesen?", fragte ich mich und stand auf.
Ich trat unter dem Wurzelgeflecht hervor und wusste nun, woher der Tropfen gekommen war.
Es nieselte leicht und der Himmel war bewölkt.
In der Nacht hatte es wohl richtig stark geregnet, denn die Luft roch fein und hätte ich nicht gewusst woher ich gekommen war, hätte ich auch meinem eigenen Geruch folgen können, denn der Regen hatte ihn weggewaschen.
"Der Tiger in diesen seltsamen Worten war wohl ich... Aber was meinte er mit dem Rest?"
Längst war mir bewusst geworden, dass dieser Traum bedeutsam war und kein Nonsense.
Nur was hatten diese unlogisch aneinander gereihten Worte zu bedeuten?

Ich hatte gerade keine Lust, über diese Fragen zu grübeln.
Mein Bauch grummelte laut auf und ich musste davon lachen.
Ich würde wohl erst etwas zu Fressen finden müssen...
Mit meinem Schweif schnippend witterte ich nach Beute.
Ein Hase war hier vorhin entlanggelaufen.
Der Geruch war noch relativ frisch.
Frisch genug, dass ich ihr folgen konnte.
Entschlossen schaute ich kurz hoch zum Himmel und trabte dann los.

Die meiste Zeit kam ich gut voran.
Die Duftspur des Hasen war mittlerweile nur ein paar Herzschläge alt und ich sah das braune Wesen aus einer kleinen Entfernung.
Nur noch ein kleines Stück und ich konnte endlich wieder frisches Fleisch speisen!
Ich geduldete mich und setzte langsam und leise eine Pfote vor die andere.
Dann war ich nah genug und sprang.
Sprang auf den Hasen und brach ihm das Rückgrad.
Es knackte laut.
Blut rann zwischen meinen Zehen hindurch.
"Guten Appetit!", schnurrte ich in Gedanken zu mir selbst und biss wohlwollend in das leckere, nahrhafte und zarte Fleisch meines selbsterjagten Hasens.

In Gedanken versuchte ich während dem Essen die Worte des seltsamen Traumkaters zu wiederholen.
Der Tiger folgt nicht den Sternen, aber dem Bach... Nein... aber dem Eis, das schnell zu einem Bach wird.
Welcher Bach? Welches Eis?
Es war Blattgrüne, da gefror nichts. Da gab es kein Eis.
Welcher Bach? Folgte dem Fluss etwa ein Bach?
Tagelang war ich einem Fluss mit klarem Wasser gefolgt.
Zwar kamen die Fische noch nicht, aber es waren andere Beutetiere dort einfach zu fangen gewesen.
Nun hatte ich mich aber vom Fluss entfernt...
Hieß das, dass ich zurück sollte? Zurück zum Fluss?
Ein Versuch war es immerhin wert.
Und so sollst auch du den Sternen folgen?
Gab es da oben etwa Katzen? Oder die Geister der Verstorbenen?
Ich selbst glaubte ja an solchen Unfug nicht...
Nach ein paar weiteren Bissen war ich satt.
Es war noch genug Rest da, dass es mir noch für die nächsten zwei Sonnenaufgänge reichte.
Ich beschloss, vorerst hier zu bleiben und zu planen.
Doch zuerst würde ich ich ein Schläfchen halten...

Als ich eingedöst war, hatte ich keine weiteren seltsamen Träume.
Es war einfach nur dunkel.
Erholt wachte ich auf.
Mein Bauch war immer noch angenehm gefüllt, aber ich fühlte mich nicht träge.
Schnaufend stand ich auf und streckte mich ausgiebig.
Zum Erkunden würde ich zu kurz hier sein, aber es würde nicht schaden, mich etwas umzusehen.
Ich roch keine weiteren Tiere außer potentielle Beute.
Keine Katzen, keine Füchse oder Dachse.
Ich war hier ganz alleine.
Suchend schaute ich um mich und begann nach einer Höhle zu suchen.
Dort würde ich vorerst schlafen.